In meiner beratenden und therapeutischen Arbeit vor allem mit Paaren ist der Grund für Krisen und Trennungen oft die missverständliche Kommunikation.
Je emotionaler wir miteinander reden, desto größer ist die Gefahr sich überhaupt nicht mehr zu verstehen. Es kommt nicht selten vor, dass ein Partner etwas sagt und beim anderen genau das Gegenteil ankommt. Sogar bei Komplimenten!
Das klassische Beispiel: “Schatz, du siehst aber heute besonders gut aus!” Der andere sauer und empört: “Wieso musst du mir jetzt sagen, dass ich sonst immer sch*** aussehe?!” 🙂
Noch fieser wird es natürlich, wenn wirklich mal Kritik geübt wird.
Meist fällt dann der eine dem anderen ins Wort und schon ist “aus dem Nichts” ein fetter Streit losgebrochen.
Es ist, als wenn beide von einem anderen Planeten kommen würden und dort die Worte eine andere Bedeutung haben, beide aber nichts davon wissen.
Um aus dem Dilemma rauszukommen, ist es wichtig, erst mal wieder zu lernen, dem anderen richtig zuzuhören, sich in ihn und seine “Welt” hineinversetzen und seinen “Planeten” zu verstehen. Im Grunde ist das Bild mit dem anderen Planeten gar nicht so falsch. Wir kommen aus unterschiedlichsten Familien mit unterschiedlichsten Eltern und Erfahrungen. Wir haben unterschiedliche “Wunden” aus dem Leben davongetragen, die wir unterschiedlich verarbeitet haben usw.
Um das Zuhören und den jeweils anderen zu verstehen möchte ich hier das “Zwiegespräch” (entwickelt von Lukas Möller) vorstellen. Dieses Format verhindert, dass man sich ins Wort fällt, nur bei sich selbst ist und lernt, sich in die Welt des anderen hineinversetzen zu lernen.
Beide Partner setzen sich vorzugsweise auf Stühlen nah einander direkt gegenüber. Es wird bestimmt, wer anfängt (beim nächsten Mal fängt der andere an). Dieser hat jetzt 15 Minuten Zeit nur über sich zu sprechen, natürlich vorzugsweise über die Beziehung und Befinden zum anderen. Es kann alles gesagt werden, was in den Sinn kommt. Es geht darum möglichst alles zuzumuten. Was einem am andern stört, was man vermisst, was man sich wünscht, was verletzt hat, was man schön findet. Oft kommt viel mehr “aus dem Bauch” ans Licht, als man vorher dachte. Manchmal auch alte Verletzungen, an die man nicht mehr gedacht hat, die aber noch stark unbewusst auf die gegenwärtige Beziehung einwirken. Redepausen sich auch ok, bis wieder was “aus dem Bauch” kommt.
Der andere hört “nur” zu und lässt alles auf sich wirken. Bitte auch kein “aktives Zuhören” praktizieren, wie Nicken oder Kopf schütteln oder anderes. Einer spricht, der andere versucht sich in die Welt des anderen hineinzuversetzen. Dann schließen beide die Augen für ein paar Minuten und es wird gewechselt. Der anderen spricht und der andere hört zu. Es wird nie unterbrochen oder kommentiert. Das ist natürlich gewöhnungsbedürftig. Es kann endlich mal alles auf den Tisch kommen, was sonst nicht ausgedrückt wird. Aus Scham oder den anderen nicht verletzten wollen oder Angst vor den Reaktionen, zum Beispiel mit Ablehnung bestraft werden. Dann schließen beide wieder die Augen und spüren nach. Dann (habe ich bei Vait Lindau gelesen) hat jeder im selben Setting noch mal 5 Minuten im Wechsel. Danach ist die Übung beendet und es wird nicht darüber gesprochen.
Am besten praktiziert man das Zwiegespräch zweimal die Woche. Mindestens einmal.
Anfangs ist das nicht leicht, ist aber sehr reinigend und macht oft die Tore weit auf für ein neues authentisches Miteinander und besseres Verstehen der Welten des anderen.
Ich hoffe, Dich ein bisschen inspiriert zu haben! 🙂
Haben dich diese Tipps und Beschreibungen inspiriert? Gibt es noch Themen, die du für dich klären und vertiefen möchtest? Hast Du noch Fragen dazu?
Schreibe mir hier einen Kommentar, ich werde dir antworten und evtl. auch Frage und Antwort hier (natürlich anonym) veröffentlichen.
Herzlich Grüße von: